Lampenfieber kennt praktisch jeder. Schauspieler, Moderatoren oder Sänger kennen das Gefühl, bevor sie die Bühne betreten. Es zeigt sich als Aufregung, vielleicht sogar als Nervenkitzel. Lampenfieber ist eine normale Form der Nervosität, die man jedoch durch Übung überwinden kann.
Lampenfieber ist eine Urangst des Menschen. Lampenfieber hat, wer im Mittelpunkt steht. Wer im Mittelpunkt stand, war in der Regel umzingelt – angreifbar – der Fluchtweg war versperrt. Eine erhöhte Skepsis und Wachsamkeit für diese Situation war durchaus gerechtfertigt – in der Steinzeit wahrscheinlich sogar überlebenswichtig. Denn der „Umzingelte“ stand mit dem Rücken zur Wand. Er wusste nicht, ob die Menschen vor ihm offen und zugewandt waren, oder ihrem eigenen Ärger Luft machen wollten. Vielleicht hatten sie auch Hunger. Diese Urangst hat sich in unseren Genen wahrscheinlich als Lampenfieber manifestiert.
Was geschieht bei Lampenfieber:
Soweit die Interpretation unseres Unterbewusstseins. Die Angst, die beim Lampenfieber entsteht, wird ausgelöst durch eine erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen.
Diese Stresshormone setzen blitzschnell Energiereserven in uns Menschen frei – damit wir flüchten oder kämpfen können. Aber heute macht es eher keinen allzu eleganten Eindruck, wenn man fluchtartig die Bühnen verlässt oder wild um sich boxt.
Was für den Zuschauer vielleicht ein amüsantes Schauspiel wäre (die Flucht oder das wilde Toben des „Lampengefieberten“), dürfte für den Delinquenten doch eher unangenehm bzw. zuhöchst peinlich sein.
Glücklicherweise hat man sich heute doch etwas mehr im Griff und zeigt eher Symptome wie Zittern, Erröten oder Stottern – um nur die Top 3 aufzuzählen.
„Sei nur Du selbst„, kann man möglicherweise als gut gemeinten Ratschlag hören. War man das denn etwa nicht – nicht „man selbst“? Wer war man dann? Wie oben ausgeführt, war man ganz sicher „man selbst“, denn diese Panikreaktion ist erst einmal völlig normal. Eher umgekehrt könnte man die These aufstellen, dass derjenige, der sich seinen natürlichen Fluchtinstinkt „abtrainiert“ hat, gar nicht mehr „er selbst“ ist. Aber um diese eher philosophisch anmutende Frage geht es gar nicht.
Es gibt etliche andere Ratschläge und Tipps, die man im Laufe seines Lebens zugetragen bekommt. Doch allesamt haben sie eines gemeinsam: sie sind nur von theoretischer Natur. Denn spätestens beim nächsten gesellschaftlichen Zusammentreffen trifft Theorie auf Praxis – und holt Dich auf dem Boden der Tatsachen zurück:
Du kann nicht so frei sprechen, wie Du möchtest.
Theorie und Praxis scheinen zwei völlig unterschiedlichen Universen zu entstammen. Alle gut gemeinten Tipps – alle weg. Alle geistige Vorbereitung – irgendwo, nur nicht präsent. Der Blackout nimmt sich, was er kann – er ergreift Besitz von Dir.
Doch eine Frage bleibt ungeklärt: Wie viel hat man geübt? Wie viel hat man sich um sich selbst gekümmert, hat man die Komfortzone verlassen? Bücher, Seminare, Ratschläge – alles das hilft nicht, da es nur rein theoretischer Natur ist. Unsere Wahrnehmung reagiert hingegen auf die Praxis alias Realität. Und das Fatale daran: Die Ausschüttung der Stresshormone blockiert das angeeignete Wissen samt guter Tipps sehr wirkungsvoll, wir verfallen wieder ins Notprogramm.
Ich möchte behaupten, dass die meisten Menschen, die ausreichend negative Erfahrung beim Reden vor anderen Menschen gemacht haben, sich aus diesem Bereich zurückziehen. Das übrige Leben wird um potentiell unangenehme Erfahrungen herum geplant. Vermeidungstaktik, ist ein anderes Wort dafür. Die Erscheinungsformen gestalten sich in unterschiedlichen Ausprägungen. Während der Eine überwiegend problemlos durchs Leben kommt, indem er nur das Reden in Gruppen unterlässt, so kann der Andere sich beim schlichten Fahrkartenkauf im Bus bereits erheblichen Herausforderungen gegenüber sehen. Die Leidensgeschichten sind individuell, doch eines haben sie alle gemeinsam: Das große Bild vom Scheitern in unserem Kopf.
Was die wenigsten Wissen, ist: Wir haben alle Ausstattungen, alle Voraussetzungen in unserem Hirn, um genau diese (selbst produzierten) Horrorfilme des Scheiterns in ihrer Schranken zu weisen. Das Wissen um diese Fähigkeiten ist tatsächlich noch gar nicht so lange erforscht, aber Tatsache ist: Wir können selbst entscheiden, wohin die Reise geht. D.h. ob wir weiter am Scheitern festhalten wollen, was zugegebenermaßen der einfachere Weg ist (Thema Komfortzone), oder ob wir dem ein klares STOPP entgegensetzen, und uns für positive Veränderungen entscheiden, die uns ganz neue Freiheiten erschließen.
Nach den Erkenntnissen von Hirn- und Verhaltensforschern ist keine vorgegebene Disposition für z.B. Redeangst verantwortlich. Ebenso wird man nicht als „Rampensau“ geboren.
Vielmehr leitet sich die Fähigkeit, die eigenen Unzulänglichkeiten nicht als „gegeben“ zu akzeptieren, von der Erkenntnis ab, dass wir unser Scheitern zu unserem Vorteil nutzen können, – wenn wir es nur wollen. Wer in der Lage ist, sein Scheitern derart tief zu manifestieren, dass es in Verhaltensänderungen als Vermeidungstaktiken resultiert, der ist umgekehrt genau so in der Lage, ein potentielles Scheitern rückblickend umzudeuten, um sich daraus kontinuierlich zu verbessern. Die Vorgänge im Gehirn sind exakt die Selben. Nur durch die Interpretation unterscheiden sie Gewinner von Verlierern, und umgekehrt.
Eine erweiterte Form dieser Nervosität ist die Redeangst. Sie unterscheidet sich gravierend von normaler Nervosität oder vom Lampenfieber. Sie ist regelrecht pathologisch, kann z.B. Panikattacken hervorrufen, und kann das Leben von Betroffenen stark beeinflussen.
Woher kommt Redeangst?
Redeangst kann jeden treffen. Während Redeangst zwar eher bei Menschen anzutreffen ist, die von sich aus als ruhig und eher introvertierten gelten, kann sie aber auch „Redeprofis“ treffen. Es gibt sogar Fälle von Moderatoren/Moderatorinnen aus den Medien, die sich von einem zum anderen Tag nicht mehr auf die Bühne „trauen“, obwohl dies vorher ihr tägliches Geschäft war.
Wir reden drüber! Es gibt Mittel und Wege, Ängste und Hemmungen abzubauen. Üben ist hierbei das Mittel, das sehr effektiv hilft.